Chasing Cancellara von Bern nach Andermatt

Letztes Jahr konnte ich mich für keinen Rad-Event begeistern. Da ich aber sehr gut trainierte bis zum Radunfall, habe ich mich in diesem Jahr entschieden, wieder an Gran-Fondo Events teilzunehmen.

Da man anfangs 2021 nicht wusste, wie sich die Corona Situation entwickeln würde, habe ich mich für Radrennen in der Schweiz entschieden. Anlässe über lange Distanzen sind bei uns sehr rar - es gibt diese nur im Rahmen von Chasing Cancellara. Ich meldete mich für die beiden Rennen Bern-Andermatt und Zürich-Zermatt an.

Mit dem Training startete ich bereits in der Altjahres- Woche, jedoch nur drinnen auf der Rolle, da der Bruch in der Mittelhand noch nicht ganz verheilt war. Aber auch Indoor fehlte es nicht an der Motivation und ich hatte Freude und Spass am Training.

Ende Jahr hatte ich doppelte Freude: Ich durfte nun wieder auf Rad / MTB steigen und das neue Rennrad konnte ich auch abholen. Endlich konnte das Training so richtig losgehen.

Da ich an meiner Arbeitsstelle eine sehr hohe Anzahl an Überstunden habe, konnte ich die Vorgesetzten davon überzeugen, «nur» noch von Montag bis Donnerstag arbeiten, um das Übermass zu kompensieren. In der zusätzlichen Freizeit konnte ich, dank den guten Wetterbedingungen, sehr gute Trainings absolvieren.

Leider wurde mein geplantes Trainingslager im Ausland wegen Corona wieder annulliert. Dank einer sehr guten Woche, warmem und sonnigem Wetter, konnte ich mich auch zu Hause gut vorbereiten. Es war zwar nicht dasselbe, aber besser als nichts.

Am 2. Juli war es dann so weit: der Start des ersten Rennens. In Stadion «Stade de Suisse» in Bern startet ich um 3:43 morgens zum Abenteuer von Bern nach Andermatt.

Zu Beginn fuhren wir durch die Quartiere von Bern in Richtung Münsingen und weiter nach Steffisburg. Dann führte uns die Strasse weg in den ersten Aufstieg in Richtung Buchen. Diesen ersten Aufstieg durfte man nicht unterschätzen, den bis zum Gipfel in Schwanden, ging es doch hoch auf rund 1050 m.

Unten am Thunersee führte uns die Strecke dem Wasser entlang nach Interlaken und weiter dem Brienzersee entlang. Ich fühlte mich sehr gut und hatte starke Beine. Mit einem runden Tritt ging es vorbei an vielen Mitfahrern. Kurz vor Brienz war ich allein unterwegs und fuhr durch die Ebene nach Meiringen, gefolgt von Aufstieg nach Innertkirchen.

Im Nachhinein habe ich dann gehört, dass ich auf diesen ersten 100km sogar etwas über eine Minute schneller war als Fabian Cancellara.

Am Verpflegungsposten in Innertkirchen durften wir die Leuchtweste abgeben. Ich wechselte das nasse Trikot, verpflegte mich und dann ging es los, zum ersten von drei Alpenpässen: dem Grimsel. Es ist mit 26 km der längste Aufstieg.

Zu Beginn war alles top, aber ich wusste, dass ich nichts forcieren durfte, da noch einiges auf mich wartete. Je näher ich der Passhöhe kam, um so steiler und härter wurde es. Auf dem Gipfel durfte man die persönliche Betreuung beanspruchen. Ich nahm noch einmal 2 Bidn mit meinem eigenen Getränk entgegen, und zog für die Abfahrt eine Regenjacke an, denn auf dem Pass war es kühl.

Nach der Abfahrt ins Wallis fuhr ich weiter nach Ulrichen, wo es links weg ging in den Aufstieg zum Nufenen. Vor dem Aufstieg zog ich die Regenjacke aus und verstaute sie im Trikot. Zu Beginn des Aufstieges bekam ich Krämpfe und musste kurzzeitig absteigen, dehnen und trinken, bevor es weiter bergauf ging. Mit 2478m war der Nufenenpass der höchste Punkt des Rennens. Der Aufstieg ist von unten bis oben konstant steil und ich war froh, als ich nach diesem fordernden Stück die Passhöhe erreichte.

Am Nufenen durften wir wieder persönlich betreut/verpflegt werden. Da es doch recht kalt war, entschied ich mich eine neue, trockene Regenjacke anzuziehen, denn es folgte nun eine längere Abfahrt bis hinunter nach Airolo.

Zum Start in den Gotthard war es warm geworden, daher entledigte ich mich nicht nur der Regenjacke, sondern auch der Ärmlinge. Der Aufstieg zum Gotthard war klar der «leichteste Aufstieg» zum Abschluss. Ich fand sehr schnell einen guten Rhythmus. Bereits im unteren Teil hatte es kürzere Abschnitte mit Kopfsteinpflaster, doch etwa 8 km vor der Passhöhe ging es in die historische «Tremola» und wir fuhren alles auf alten Kopfsteinpflastern. Das machte den Aufstieg nicht leichter. Ich war sehr froh als ich oben angekommen war, den mein Hinterteil begann zu schmerzen.

Ausgangs der Tremolas wurde bereits die Endzeit genommen, denn auf der Abfahrt von Gotthard nach Andermatt hatte es einige Baustellen mit Ampeln. Nach der Zeitmessung stoppte ich nochmals zur Verpflegung und um ein paar Worte zu wechseln. Danach ging es locker hinunter nach Hospental und weiter nach Andermatt ins Endziel.

Im Ziel war ich erschöpft aber dennoch glücklich und zufrieden mit meiner Leistung: 9:55 Stunden für 209 km und 4750 Höhenmeter sind eine tolle Leistung, was Rang 59. bei den Singles bestätigte.

Im Zielgelände genossen wir die schöne Atmosphäre und das verdiente Bier.

Wegen Corona war die Teilnehmerzahl stark reduziert worden. Das Positive daran war, dass Fabian Cancellara im Ziel Zeit hatte, sich mit allen zu unterhalten, zu loben und Fotos zu machen. Ein gelungener Abschluss eines harten Tages.

Ein sehr grosses Dankeschön gebührt meiner Frau Cornelia, die mich die ganze Zeit mit dem Auto begleitet und an den offiziellen Verpflegungsposten betreut hat.

Auch ein grosses Danke an die Garage Galliker in Strengelbach, welche uns ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stellte, da unser 17-jähriges Auto wenige Tage vor dem Rennen in den Ruhestand ging.

 

5. Juli 2021

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